Bereits vor einigen Wochen konnte man in der Rhein-Zeitung einen Artikel darüber lesen, dass der Ortskern von Nickenich ausblute, bisher hatte ich aber noch nicht die Zeit meinen Senf dazu abzulassen.
Im Kern geht es darum, dass ein Supermarkt außerhalb dazu führte, dass Geschäfte im Ort wegen fehlender Kundschaft schließen mussten – doch ist das wirklich ein Problem für Nickenich?
Einen Schuldigen haben die Einheimischen schon ausgemacht: den Discounter, der 2003 am Ortsrand eröffnet wurde. Um diesen herum haben sich eine Bäckerei, ein Getränkehandel, ein Massagestudio sowie ein Deko- und Papierwarengeschäft samt Poststelle angesiedelt. Dort spielt sich nun das Leben ab – im Dorfkern dagegen herrscht Flaute.
„Zwei Lebensmittelgeschäfte sind einfach zu viel für Nickenich“, sagt er. „50 Prozent der Einheimischen kaufen im Umland ein, und die übrigen reichen nicht, um zwei Betriebe am Leben zu halten.“…sagt Gesell und schließt vorsichtig das Hoftor.
Hier zeigt sich eine Entwicklung, die fast überall zu beobachten ist: Große Geschäftskomplexe finden sich auf Plätzen außerhalb von Ortschaften ein – kein Wunder, denn wer möchte schon einen kleinen Einkaufsmarkt mit beschränkter Auswahl zwischen engen Gassen ohne Parkmöglichkeit? Für viele ist die kurze Fahrt zum Discounter vor den Toren des Ortes wesentlich angenehmer – freie Auswahl, geräumige Gänge und Parkplatz vor der Tür. Auch die Behörden mischen fleißig mit, denn da neue Besitzer auch alle neuen Auflagen erfüllen müssen ist die Übernahme eines Geschäftes ohne Neubau kaum wirtschaftlich. Ohnehin können die weinigen Rentner, welche nicht im Besitz eines Autos sind, oder die wenigen „ich-brauch-schnell-noch“-Käufe einen Markt im Ort kaum Überlebenschancen bieten.
Auch in meiner Heimatgemeinde ist die Zahl der Geschäfte ständig zurückgegangen: Aus dem Kopf fallen selbst mir als jungem Einwohner 2 Lebensmittelmärkte, eine Drogerie, 2 Bäckereinen, eine Fleischerei und 2 Blumengeschäfte ein – übrig ist ein selten geöffneter Blumenladen und eine Bäckerei, deren Inhaber sich in den nächsten Jahren vermutlich auch in Rente verabschieden wird. Der letzte Lebensmittelmarkt hat vor über einem Jahr geschlossen. Kein Wunder, denn die Großmärkte des Nachbarortes Ochtendung sind grade mal 4 Kilometer entfernt und mit dem Neubau des Nahversorgungszentrums in Plaidt ist bereits nach 3 Kilometern eine üppige Auswahl zu finden – wenn man nicht ohnehin durch das Pendeln zur Arbeitsstelle ein einem Discounter vorbei schaut. Trotzdem wird geschrien: Nach dem man den Saffiger Markt zum Altenplegezentrum umfunktionierte wurde wurde hektisch diskutiert: Ein neuer Markt müsse her – dringend. Inzwischen ist offenbar ein Vertrag geschlossen: Ein neuer Markt wird im Ort eröffnen – in einem „kleinen“ Geschäftsgebäude ohne Parkplätze. Ob der sich halten kann? Ich melde da ja Zweifel an… Auch in anderen Bereichen sieht es ja nicht anders aus: Die Meisten Industrieanlagen des Ortes liegen Brach – von der einst mächtigen Bimsindustrie ist nur eine Firma übrig, auch von Schmiede, Modeversandhaus, Schustern, Schreinern, Friseuren, Speditionen & Co sind bestenfalls Reste vorhanden. Von den sechs Kneipen in der Ortsmitte ist noch eine geöffnet – zumindest bis auch diese Pächter ihre Rente antreten. Wenn man die verbliebenen Geschäfte besucht findet man meist das gleiche Bild: Gähnende Leere und gelangweilte Besitzer. Solch kleine Geschäfte und Firmen können sich nicht gegen „die Großen“ durchsetzen, welche durch bessere Infrastruktur und weiteren Einzugsbereich wesentlich weniger Aufwand für ihre Geschäfte betreiben müssen. Wiltrud Snoj aus Nickenich bringt es dabei auf den Punkt:
Davon ist die Einheimische Wiltrud Snoj überzeugt. Die über Siebzigjährige meint: „Liebe Mitbürger, wäret ihr mal früher öfter bei Rewe einkaufen gegangen, vielleicht wäre so manches anders gelaufen.“