Eigentlich wollte ich das Thema ja schon lange angehen – spätestens seit meinem Rant gegen die neuen Twitter-Bedingungen standen dezentrale Kommunikationsmittel auf meiner Todo-Liste. Das gestrige Chaosradio zum Thema Dezentrale Soziale Netzwerke hat dann den nötigen Tritt in den Allerwertesten gegeben… Eigentlich wollte ich mit Status.net (aka Identi.ca) anfangen, da ich am meisten Twitter nutze und dieser Dienst dem am nächsten kommt. Erwähnt wurde unter anderem auch Diaspora – eine Art Facebook mit Verstand. Ähnlich wie bei XMPP (aka Jabber) kann jeder seinen eigenen Server (= „Pod“) aufsetzen und mit anderen Kommunizieren. Dank der simpel aussehenden Installationsanweisung habe ich dieser Lösung dann mal den Vorrang gegeben. Als Benutzername kommt ein E-Mail ähnlicher Syntax zum Einsatz – so wird mein Account z.B. adlerweb@diaspora.adlerweb.info. Derzeit ist alles noch im Alphastadium, bis auf die bisher fehlende offizielle & stabile API (und damit entsprechende Clients z.B. fürs Smartphone) läuft das Ruby-Ungetüm jedoch erstaunlich stabil und recht ressourcenschonend. Jetzt fehlen nur noch die Nutzer…
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Stereoschallplattenwiedergabeanlage – Teardown
Stereoschallplattenwiedergabeanlage – Diese Typenbezeichnung dürfte man Heute wohl nicht mehr finden. Zur Reparatur (kaputte Sicherung) musste eine solche aber Heute ihr Inneres zeigen. Erst mal zum Typ: Es Handelt sich um ein „Ziphona Rubin 523“ der Firma „RFT“, Baujahr 1974. Ein paar technische Daten finden sich im Radiomuseum.
Das Typenschild zeigt alle nötigen Infos. Auffällig der Hinweis auf die Heute eigentlich ausgestorbenen Allstromgeräte.
Der Bereich mit den Schaltern und Potis befindet sich auf einem einseitigem PCB, die Bauteile sind axial, Transistoren selten. Hier interessant: Der Glaszylinder aka. Glüh/Glimmlampe rechts – Heute wäre das LED-Equivalänt nur wenige Millimeter.
Die Verstärkerplatine gibt es hier nur von unten zu sehen, die Bezeichnungen der vier Stellen oben (T,E,B) zeigen aber gut, dass hier Transistoren drunter stecken.Der Ausgang der 6W Musikleistung erfolgt über zwei DIN-41529-Buchsen (aka. LS-Stecker)
Von unten Links befindet sich die Stromversorgung – der Tellermotor und die Verstärkerschaltung haben eigene Sicherungen. Der Aluzylinder Rechts ist ein Elko.
Interessantes Detail zum Schluss: im Gehäuse findet sich für Servicetechniker und Bastler zwar nicht mehr der früher übliche Schaltungsplan, dafür eine nicht zum Modell passende „Umlötanleitung“ um den Trafoanschluss zwischen 220V und 127V auszutauschen.
Hallo Gnome 3! (Rant)
Hallo Gnome 3! Schön, dass du dich zu mir gesellt hast. Kennst du noch deinen Vorgänger? Der hat mir gute Dienste geleistet – auf 4 Monitoren verteilt tat er seinen Dienst, die Panels saßen Dank GConf auf dem richtigen „Hauptmonitor“, waren mit allerhand Widgets bestückt und das Home auf NFS hat ihn auch nicht gestört. Gestern dann mein Gedanke – ich könnte ja schnell noch Updaten. Mit dem üblichen „Wird-schon-schief-gehen“-Doppelenter gestartet, im Vorbeiflug noch etwas von Kernel gelesen und einen reboot dran gehängt. Teatime. Nach dem Rückweg hatte der PC neu gestartet und mein Blick erspähte deine ersten Ausläufer – der Loginscreen sieht irgendwie anders aus…
Schnell die Userdaten eingehämmert und … krawautz … „Ihr System ist zu blöd für Gnome, willkommen im Fallback-Mode“ – oder so ähnlich vermeldest du. Der Funktionsumfang ist nahezu nicht vorhanden: Die Panels leer, an hinzufügen von Items nicht zu denken – auch zeigst du sie stur auf dem linken Monitor an – da wo ich nur selten hinschaue. Verschieben erlaubst du mir nicht – warum auch. Ein Blick ins Forum: Mit der Installation der gnome-shell soll sich deine ganze Macht entfalten. Installiert, GDM neu gestartet und… Krach… Kein Bild mehr… WTF?… „Could not acquire name“ – von mit bekommst du jetzt Namen, aber keine netten. Einen Neustart später lande ich wieder im GDM – Logindaten und – na – ein schwarzer Bildschirm.OK, Schnautze voll, vielleicht updatest du ja nur irgendwas, ich geh schlafen.
Neuer Tag, neues Glück, gleicher schwarzer Bildschirm – wohl doch kein Update. OK, ziehen wir mal meine Besonderheiten raus – ein neues Userprofil auf der lokalen HDD darf sich versuchen – mit dem selben düsteren Ergebnis. Tja, wenn du mich nicht ran lässt muss ich wohl fremd gehen und siehe da: Deine fiese Schwester KDE öffnet mir bereitwillig und ohne zu murren alle Fenster zu ihrer bonbonfarbenen Kitschwelt. Ergo: Kein Xorg-Fehler. Nochmal ein Versuch mit Gnome – Gewinner: Keiner. (Verzeit mir, aber mit den 4 Screens im Text-/ASCII-Art-modus kommt langsam Wargames-Feeling auf). Mit passender Wargames-DVD auf dem Laptop nebenan (woho, Grafik!) rüste ich mich für die nächste Runde. Hätten wir noch die 4 Monitore. Reduzieren wir das mal auf ein Haushaltstypisches Maß von einer Guckplatte. Schnell noch GDM neu starten – NIIIICHT. Reboot. Ach schau an – dein GDM hat auch einen farbigen Hintergrund? Der war vorher doch in deiner Lieblingsfarbe – Schwarz. Und nun lässt du mich auch in deinen pachtvollen Neubau…
Ein kurzer Blick – ein längerer Blick – mir fällt nur ein Wort ein: REGRESSION! Die Optik sieht aus als hätte man mir einen angefressenen Obstkorb vor die Nase gestellt. Warum brauch ich meinen halben Bildschirm für den Fensterrahmen? Mich interessieren die Inhalte und nicht das Design außenrum. die UI ist vielleicht für nen Kindergarten eine tolle Sache, aber sicher nicht zum Arbeiten zu gebrauchen. Wollt ihr vielleicht eine Anleitung zum Arsch-Abwischen beilegen oder warum muss jede Pissfunktion auf ein idiotenkompatibles Maß reduziert werden? Nicht jeder vorm PC ist auf dem Bildungsstand eines Zirkusaffen. Flexibilität Funktionen? Brauchen wir nicht – wen interessiert schon die Systemlast im Panel… User sicher nicht… Also löschen wirs gleich für alle, die Bastler interessieren ja keinen. Softwarediktatur FTW! Ich hab ja mit der Umstellung Amarok 1.4 -> Amarok 2 schon einiges mitgemacht, auch da wurden viele Features gedropt, aber es war immerhin in Grundfunktionen noch nutzbar – das kann ich von Gnome 3 nicht sagen. Jetzt, da sich dieser Codehaufen in Stable befindet, habe ich erst mal die Arschkarte – fürs Erste mag ich noch Gnome 2 weiter nutzen können, aber die Updates laufen nicht ewig. Ein Gnome 2 Fork ist nicht in Sicht, meine anderen PCs haben Updateverbot – bleibt nur zeitnah auf etwas Anderes zu wechseln und wieder tagelang Anpassung zu tätigen um am Ende wieder halbwegs das zu können, was schon ausgereift da war. Eine Schande um die jahrelang gereiften Konfigurationsdateien. Gnome 3 mag ja eine schöne Idee sein, aber es ist nicht Gnome. Früher(tm) war es halbwegs schnell, unaufdringlich und Funktionen waren zwar vor DAUs Versteckt, aber trotzdem vorhanden. Ich installiere dann mal grade XFCE und versuche mich daran – tja, liebes Gnome-Team – „Schönen Tag und auf Wiedersehn“. Eventuell wird irgendwann Gnome wieder ein ernstzunehmendes DE, aber das jetzt Veröffentlichte ist ein Komplett neues Projekt und hat nichts mit dem zu tun, für das Gnome einmal bekannt war.
END OF RANT
Disclaimer: Ja, es ist meine Schuld, ja, ich weiß, dass ich forken kann, ja, ich weiß, dass $hier-argument-einsetzen
Danke!
Wer mit offenen Augen und etwas Hintergrundwissen durchs Netz surft hat angesichts der Heute vorherrschenden Codequalitaet gute Chancen auf offensichtliche Bugs in Webseiten zu stossen, doch der Finder hat es schwer – die meisten Anbieter reagieren auf entsprechende Hinweise nicht oder bestenfalls mit einem Textblock, meist inklusive dem Hinweis auf seinen tollen Anwalt. Inzwischen bin ich dazu ueber gegangen solche Zufallsfunde in den meisten Faellen auf Grund dieser Ignoranz und Streitlust (Gruss an ein gewisses social Network) gar nicht mehr zu melden. Bei einigen schweren Lueken siegt dann doch das Gewissen, so auch bei einem Datenleck in der letzten Woche. Heute erhielt ich eine Antwort der Firma per E-Mail. Im Text nur ein Wort: „Danke“. – Offenbar ist das Wort doch nicht allen Entfallen – weniger Arbeitszeit und Ressourcenverbrauch als ein Anwalttext und mit Sicherheit produktiver fuer beide Seiten.
Dr. Who? Grobe Doktortitel-Recherche leicht gemacht
Doktoren laufen viele durchs Land, aber wo kommt der Titel her? Für jene deutscher Herkunft kann jeder Netznutzer selbst einen interessanten Blick erhaschen: Für einen Doktortitel ist es unter anderem Nötig eine Dissertation, also schriftliche Forschungsarbeit, zu veröffentlichen. Gleichzeitig greift auch das Gesetz, dass für Veröffentlichungen ein Pflichtexemplar an die Deutsche Nationalbibliothek geliefert werden muss. Dankenswerterweise führt diese auf ihrer Webseite einen Onlinekatalog aller Werke und Autoren. Mit Name des Doktors und ungefährem Fachgebiet lässt sich so meist die zugehörige Arbeit – und vor Allem deren Thema – schnell finden. Bei meinem kurzen Test konnte ich von hochgradig Fachspezifischen Titeln bis zum Themenniveau der statistischen Lieblingsfarbe von Gebrauchtwagenkäufern alles finden. Wie man die Titel bewertet muss jeder selbst entscheiden, passende BINGO-Zettel werden partiell empfohlen 😉
Liebe iPhone-Tracking Panikmacher und Kleinreder…
…kommt mal wieder auf den Boden der Tatsachen. Ja, wir wissen es langsam: Die Apple-Ziegelsteine zeichnen Standorte der Nutzer auf und schicken diesen an Apple. Im Netz bildeten sich schnell die zwei üblichen Lager: Die Gruppe, die das ganze zum Weltuntergang hochstilisieren und die Gruppe der Fanboys, die Kritik an ihrem Gerät nicht zulassen können.
Erst mal sollten wir eins festhalten: Diese Erkenntnis ist nicht wirklich neu: Schon letzten Sommer ging das ganze durch die Medien – nur war das Interesse offenbar zu gering. Wer jetzt meint sich groß über diese Tatsache aufzuregen sollte sich mal an die eigene Nase fassen und überdenken, warum er erst jetzt davon Kenntnis erlangt.
Auf der zweiten Seite finden sich immer mehr Leute, die versuchen das Problem aus der Welt zu reden: Telefone müssten ja technisch bedingt immer geortet werden, man würde mit den aktuellen „Social Media“-Diensten mehr Standortdaten preis geben und andere Hersteller würden ebenfalls diese Daten sammeln.
Zur Technik muss ich mit einem klaren „jein“ antworten: Zwar müssen die Netzbetreiber wissen in welcher Funkzelle sich das Handy befindet, die angekreideten Daten gehen aber weit über die technische Notwendigkeit hinaus. Eine Funkzelle hat meist mehrere hundert Meter Umfang, die hier zur Diskussion stehenden Daten enthalten aber neben dieser Zelle auch Informationen aus GPS-Signalen und eine Liste nahe gelegener WLAN-Sendestationen, damit ist der Standort auf wenige Meter bestimmbar.
Das Social-Media-Argument würde ich hier als irrelevant einstufen: Natürlich veröffentlicht man über 4Square, Latitude & Co wesentlich genauere Daten an eine große Nutzerbasis, allerdings freiwillig – man selbst kann entscheiden wann man seinen Standort preis gibt.
Korrekt ist die Aussage, dass auch andere Geräte diese Daten sammeln. Vor allem Google hat diese Technik bereits vor Apple großflächig angewendet: Telefone mit Android und viele Windows-Geräte des Herstellers HTC erheben und nutzen einen ähnlichen Datenbestand. Der Unterschied zu Apple: Die Daten werden nicht über einen Längeren Zeitraum auf dem Gerät gespeichert, zudem war – auf meinen Geräten – die Sammelfunktion standardmäßig abgeschaltet bzw. man musste bei der Einrichtung bestätigen, dass man diese Nutzen möchte. Aber auch, wenn es alle machen: Wird dadurch das Risiko geringer?
Warum die Daten? Für den Nutzer bringt die Aufzeichnung in erster Linie mehr Komfort: Über die so erstellten Datenbanken kann das Gerät schneller, stromsparender und genauer seine Position bestimmen und so z.B. Standortrelevante Suchergebnisse oder z.B. den passenden Wetterbericht bieten. Im Gegenzug wird der Hersteller die Daten vermutlich nutzen, um seine Werbekunden besser zu bedienen: Wenn ich plötzlich statt in München in Berlin auftauche und mit dem Telefon Sehenswürdigkeiten suche zahlen Anbieter von Stadtrundfahrten sicher einen schönen Betrag für diesen Aussichtsreichen Werbeplatz. Zudem gibt es das Risiko, welches jede Datenspeicherung birgt: Die Daten können in die falschen Hände geraten – und was ihr Chef sagt, wenn sie mit dem Firmenwagen einen Umweg über zwielichtige Stadtviertel nehmen kann sich jeder selbst ausmalen.
Mir ist es prinzipiell egal, ob Hersteller solche Daten erheben oder nicht, ich möchte aber selbst bestimmen ob und wann die Erhebung statt findet, die Daten kontrollieren können und nicht durch fadenscheinige App-Voraussetzungen zur Nutzung gezwungen werden. Der Nutzer sollte das Gerät kontrollieren, nicht umgekehrt.
Titanium Backup über ADB starten
Tja, pech gehabt – soeben hat sich mal wieder meine Android-Installation zerlegt – SD-Karten sind nunmal nicht als Systemdatenträger geeignet. Nach dem Lockscreen zeigt sich nur die Meldung, dass der Prozess „acore“ beendet wurde. Kein Homescreen, kein Startmenü. Im Log: I/O error einer Datenbank – nicht nett… Vor einer Neuinstallation würde ich natürlich gerne die Daten sichern, aber wie? Ohne Programmmenü lässt sich das von mir verwendete Titanium Backup nicht starten – oder doch? Wenn USB-debugging aktiv ist lässt sich über ADB einiges retten: Einerseits kann man auch ohne Recovery-System Daten des Systems direkt wegsichern – unter Windows auch Grafisch mit dem Programm „DroidExplorer“, für Linux bastel ich gerade dran. Sicherer fühl ich mich aber eher mit Titanium Backup – das Tool weiß eher was wo zu sichern ist. Android.pk brachte mich auf den richtigen Weg: Über „adb shell“ erhält man einen Konsolenzugang auf das Telefon, mit dem Befehl
am start -a android.intent.action.MAIN -n com.keramidas.TitaniumBackup/.MainActivity
kann man die App manuell starten und auf dem Telefon wie gewohnt seine Daten wegsichern. Nutzer der Free-Version sollten jedoch wenn vorhanden vorher ältere Backups sichern, andernfalls werden die Backups – ggf. mit defekten Daten – überschrieben.
Landebahn Atomkraftwerk?
Die Ereignisse in Fukuschima haben sie wieder auf den Plan gerufen: Verzweifelte Versuche der Regierung die Bevölkerung von der Sicherheit deutscher Meiler zu überzeugen. Ein „Stresstest“ soll mögliche Lücken der Sicherheitssysteme aufdecken. Schönstes Neusprech: Eigentlich sollte doch die Sicherheit im Störfall von Interesse sein – das Funktionieren unter Stress, also Druck, hätte ich bisher als Grundvoraussetzung für ein Kraftwerk dieser Technik angesehen. Schaut man sich die Medienberichte an geht es gleich weiter: So oft wie hier von Moderatoren, „Experten“ aber auch Politikern die mehr oder weniger sanfte Landung eines Flugzeugs beschreiben wird könnte man meinen, dass unsere AKWs nebenbei als Flughafen Verwendung finden. Meines Wissens gab es nur eine – EINE – Anschlagsserie in der Flugzeuge als Waffe verwendet wurden. Warum wird sich hier so auf dieses Thema versteift? Ist es nich am Ende egal ob hier ein Flugzeug, die ISS oder ein Asteroid einschlägt? Mich interessiert es nicht, ob das Reaktorgebäude einem Flugzeug stand halten könnte – mich interessiert ab welcher Belastung es eben das nicht mehr kann. Dabei ist es mir auch egal vor wo die Bedrohung kommt – Erdlöcher sind ja in Mode und wenn ein Kuhfladen ungünstig vor der Einsaugvorrichtung des sekundären Kühlkreislaufs landet sollte auch dieses Gefahrenpotential bekannt sein. Zudem ist spätestens jetzt bekannt, dass man auch die indirekten Folgen berücksichtigen muss. Ebenso wie der Tsunami nach einem Erdbeben kann auch die Aschewolke nach einem Vulkanausbruch eine Gefahr darstellen. Aber dies wird vermutlich nicht geprüft: Im Augenmerk der Politik sind „Terroristische Gefahrenquellen“ – was kümmern uns auch natürliche Phänomene? Vulkanausbrüche, Klimaerwärmung, Dürre, Stürme oder Erdbeben können den deutschen Qualitätssystemen sicher prinzipbedingt nichts anhaben – eventuell ist das ja sogar gesetzlich verboten. Letztendlich ist ohnehin die Politik ausschlaggebend: Wie viele Risiken wollen wir für die Stabilisierung der Strompreise einsetzen?
Wo bleibt eigentlich die Twitter-Revolte?
Frueher habe ich soziale Netze nur in sehr geringem Umfang genutzt. Gerade Full-Feature-Netze wie Wer-kennt-wen haben mehr Probleme verursacht als Nutzen gebracht, denn viele Nutzer ohne technischen Hintergrund verstehen die Einschränkungen solch geschlossener Systeme nicht. Zu oft musst ich mir Gemaule anhoeren, dass ich auf dies und das nicht Reagiert haette. Wie sollte ich auch? Wer nicht einen passenden Webbrowser finder und auf die Webseiten schaut hat keine Chance zu erfahren, was innerhalb des Netzes vor sich geht. Mit Twitter hatte sich dies vor einigen Jahren geändert. Anfangs nur als Liveticker zu besonderen Ereignissen konnte sich der Microbloggingdienst in meiner Gunst immer weiter hoch arbeiten. Keine erzwungene Datenangaben, eine klar strukturierte Webseite ohne unnoetigen Ballast und vor allem eine offene Programmierschnittstelle. Dank der vielen Bots, Clients und Tools war es mir ueberlassen was ich mit den Daten hinter Twitter mache. Schnell waren die ersten RSS-Feeds auf Twitter und der Client Marke eigenbau brachte am PC Meldungen zu besonder interessanten Verfolgten. Auch viele Clients von Drittanbietern entstanden, so konnte der Dienst schnell und einfach sogar auf dem Handy genutzt werden. Nur ein Punkt stoerte mich an Twitter: Twitter. Die zentralistische Bauweise koennte ein Problem werden.
Vor gut einem halben Jahr zeichneten sich dann erste dunkle Wolken am Twitter-Himmel: Die Betreiber schalteten die Basic-API ab und erlaubten fortan Drittanbietern nur noch ueber OAuth zu kommunizieren. Was fuer die Nutzer ein Plus an Sicherheit bietet hat fuer Programmierer einen gewaltigen Schwachpunkt: Der Betreiber hinter Twitter bestimmt wer die API nutzen darf. Ohne Registrierung laeuft nichts mehr.
Kurz drauf saegte Twitter am naechsten Standbein: Die Webseite wurde „modernisiert„. Statt simpler und funktioneller Bauweise begruesst einen nun ein Javascript-Monster, welches auf vielen PCs unbenutzbar ist. Auch bei den Clients hat sich etwas getan: Twitter kaufte einige der Hersteller von Twitter-Clients und bot fuer einige Systeme eigene Clients, welche jedoch eher durch Fehlfunktionen und fehlende Funktionen auf sich aufmerksam machten und einige Diskussionen bei Entwicklern ausloeste. . Stoeren tat es die User eher nicht: Er entschied selbst was er nutzen wollte.
Vor einem Monat folgte das boese Erwachen: Nutzer der Clients Ubertwitter und Twidroyd konnten sich ploetzlich nicht mehr anmelden. Was erst nach einer technischen Stoerung aussah war Absicht: Twitter hatte den API-Zugang gesperrt – offiziell wegen diversen Regelverstoessen wie Datenschutz und Markenrecht. Eine genaue Begruendung wurde meines Wissens bis heute nicht geliefert. Nach einigem Hin und Her wurde der Zugang wieder freigegeben.
Heute machte dann eine Pressemitteilung die Runde: Twitter moechte seine Nutzer vor „Verwirrung“ schuetzern und eine „consistent user experimence“ schaffen. Es wurde deutlich gemacht, dass Clients von Drittanbietern unerwuenscht seien, ein ueberarbeitetes Regelwerk stellt klar, dass API-Nutzer nen keinen eigenen Client mehr bauen duerfen. Ein unverschaemter Schritt in meinen Augen, denn einerseits moechte ich als Nutzer bestimmen wie ich die Inhalte lesen moechte und andererseits waere Twitter ohne die Arbeit der Drittanbieter nie in seine jetzige Stellung gekommen.
Und nun? Ich hoffe, dass bald wieder Vernunft einkehrt. Es ist ja nicht falsch daran Nutzern eine einheitliche, offizielle Oeberflaeche zu bieten, aber lasst mir die Wahl auch etwas anderes Nutzen zu duerfen. Ich moechte den Twitter-Machern noch eins auf den Weg geben: Twitter ist im Endeffekt ein Kurznachrichtendienst, XMPP (Jabber) viele der Funktionen bereits Heute ebenfalls bedienen – frei und dezentral. Es fehlt nur an den noetigen Clients und da Twitter qualifizierte Entwickler offenbar vertreiben will sollten sich da auch welche finden lassen. Ich fuer meinen Fall sehe fuer mich keine Zukunft fuer Twitter, wenn man versucht mir beschraenkte, instabile, geschlossene, werbeverseuchte und verbuggte Software aufzuzwingen. Free the API…
Update:
– Ja, es gibt identi.ca und thimbl.net – müssen natürlich auch erwähnt werden 😉
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